Amateurtheater-Festival in Rudolstadt

von TA/OTZ/TLZ
Pantomime Christian Schröter vom Rudolstädter theater-spiel-laden führt durch das "amarena"-Festivalprogramm / Foto: Martin Gerlach

Als Festivalstandort für die nationale und internationale Amateurtheaterszene hat sich Rudolstadt längst einen Namen gemacht. Gleich zwei Theatertreffen veranstalteten der Bund Deutscher Amateurtheater (BDAT) und der Thüringer Theaterverband (TAT) 2012 in der Stadt: Das 5. Deutsche Kinder-Theater-Fest hatte im Juni Gäste aus dem In- und Ausland angelockt. Ab heute kommen nun zahlreiche Vertreterinnen und Vertreter der bundesdeutschen Theaterszene. Anlass ist die Vergabe des Deutschen Amateurtheaterpreises "amarena" unter der Schirmherrschaft der Thüringer Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht , und die jährliche Bundesversammlung des BDAT, mit rund 40 Teilnehmern aus allen Bundesländern.

Herr Grünert, erst kürzlich Deutsches Kinder-Theater-Fest und ab heute das bundesweite Preisträgerfestival "amarena" in Rudolstadt. Wie schaffen Sie das, beides in Ihre Stadt zu holen? 


Der BDAT mit Präsident Norbert Radermacher weiß die optimalen Rahmenbedingungen in unserer liebenswerten Theater- und Festivalstadt zu schätzen. Das traditionsreiche Theater Rudolstadt öffnet seit 20 Jahren seine Pforten für nationale und internationale Amateurtheaterfestivals. Mit der Stadtverwaltung Rudolstadt, in der ich als Veranstaltungsreferent arbeite, mit dem in Rudolstadt ansässigen Thüringer Theaterverband, dessen Vorsitzender ich bin, und mit dem Rudolstädter theater-spiel-laden, den ich leite, kann sich der BDAT seitdem auf engagierte Kooperationspartner verlassen, die umsichtig als Festivalorganisatoren vor Ort agieren.

Wie viele Gruppen haben sich beworben und wie gestaltete sich die Bandbreite?

Der diesjährige Wettbewerb um den Deutschen Amateurtheaterpreis "amarena" fand mit über 110 Bewerbungen aus der gesamten Bundesrepublik eine erfreuliche Resonanz. Von Jugendtheatergruppen über generationsübergreifende Ensembles bis zum Seniorentheater vom Klassiker über Eigenproduktionen bis zu integrativen und interkulturellen Projekten reichte die Bandbreite.

Als Kuratoriumsvorsitzender von "amarena" waren Sie auch an der Auswahl der Preisträger beteiligt. Nach welchen Kriterien geht die Jury vor?

Grundsätzlich haben wir im "amarena"-Kuratorium und in der Preisjury den Anspruch, Inszenierungen mit der höchsten künstlerische Qualität auszuwählen. Künstlerische Qualität zeichnet sich jedoch durch viele Aspekte und Facetten aus. Bei der Entscheidungsfindung spielen für das Amateurtheater spezifischen Aspekte eine besondere Rolle. Da der Deutsche Amateurtheaterpreis in fünf Kategorien vergeben wird, sind die spartenspezifischen Qualitätsmerkmale ganz wesentliche Kriterien.

Dotiert ist der Amateurtheaterpreis mit insgesamt 10 000 Euro. Wobei kann es den Amateurtheatern helfen?

Jede der ausgezeichneten Gruppen erhält während der feierlichen Gala am Sonnabend um 20 Uhr, die von der Thüringer Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht als Schirmherrin begleitet wird, den "amarena"-Awart und 2000 Euro Preisgeld. Da Amateurbühnen in der Regel erstaunliches leisten, ohne über ausreichende finanzielle Mittel zu verfügen, ist ein solcher Betrag eine große Hilfe.

Was darf das Publikum in diesen drei Tagen nicht versäumen?

Heute eröffnen wir das Festival um 20 Uhr mit dem Theaterprojekt "Der kleine Prinz". In Anlehnung an die wunderbare Geschichte von Exupéry ist dem Jungen Ensemble des Theaters Solingen ein phantasievolles, bildreiches Kunstwerk gelungen, in dem junge Menschen auf berührende Weise nach Freundschaft und Liebe suchen. Die sensible Aufarbeitung eines Stücks Heimatgeschichte im Nationalsozialismus zeigt die Eigenproduktion "Elsa ich darf nicht sprechen" am Freitag um 11 Uhr, die das Theater im Gewölbe in Kooperation mit Offenburger Schulen lebendig und bewegend in Szene gesetzt hat. In dem Stück "Ká sira diya Gute Reise" erzählen Großeltern spielerisch die Geschichte einer Reise. Leider sind für dieses faszinierende und hautnahe Erlebnis mit dem Consol Theater Gelsenkirchen keine Karten mehr erhältlich. Das Erfurter Theater "die Schotte" besticht am Freitag um 20 Uhr mit dem modernisierten Klassiker "Romeo und Julia" durch ein authentisches Spiel voller Sinnlichkeit, Komik und Intrige. Den großen Humoristen Vicco von Bülow ehrt das Ensemble des Theaters Oberschwaben-Bodensee am Sonnabend um 11 Uhr mit der gewitz-witzigen Eigenproduktion "Hommage an Loriot", die mehr ist, als eine Revue allseits bekannter Sketche. Nach den Abendaufführungen wird der Schminkkasten zum "amarena-treff".

Wie definieren Sie Amateurtheater?

Amateurtheater ist im besten Sinne ein künstlerisches Genre, in dem Kunst-Handwerk das entscheidende Kriterium ist. Es ist die Kunstfertigkeit, die Qualität im Umgang mit Inhalt und Form, mit der nach wie vor viele Gruppen in Deutschland überzeugen. Amateurtheater, auch wenn es für viele in der Freizeit stattfindet, ist Arbeit. Die Stücke werden in oftmals komplizierten und nervenaufreibenden Prozessen unter ungünstigen Rahmenbedingungen erarbeitet, aber am Ende steht ein Produkt, das zählt und erzählt. Von all dieser Arbeit ist dann in der Vorstellung, im Genuss des Spiels, kaum noch etwas zu spüren.

Sie sind Vizepräsident des BDAT. Sie engagieren sich bundesweit und regional, Sie arbeiten zusammen mit Kindern, Jugendlichen, Erwachsenen. Woher rührt Ihr Herzblut?

Es ist meine Leidenschaft, Theater zu sehen, zu organisieren, zu inszenieren und zu spielen. Es macht mir Freude, Menschen auf der Bühne als Darsteller zu fördern und zu fordern. Und ich genieße es, Theaterbesucher anspruchsvoll zu unterhalten und mit ihnen ins Gespräch zu kommen.

Ulrike Kern, TA/OTZ/TLZ

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